Wasserfilter für Trinkwasser – sinnvoll oder notwendig?
Trinkwasserfilter von Brita und Co.
„Schleppen war gestern – heute wird gefiltert“ – damit wirbt der Hersteller Brita für seine Wasserfilter für Trinkwasser. Doch sind diese Filter sinnvoll oder notwendig? In diesem Artikel schauen wir uns einige Argumente der Hersteller an.
Leitungswasser in Deutschland unterliegt strengen Kontrollen und ist ohne Bedenken trinkbar. Doch trotz der hohen Qualitätsstandards gibt es viele gute Gründe, das Wasser zusätzlich zu filtern.
Brita
Funktion der Trinkwasserfilter
Hersteller für Wasserfilter gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Namenhafte Hersteller sind Brita und BWT Penguin. Sogar der größte Online-Versandhändler bietet Filter unter seiner Eigenmarke an.
Grundsätzlich sehen die Wasserfilter alle gleich aus: eine große Karaffe, in welche das Leitungswasser gefüllt wird und eine sogenannte Filterkartusche, durch welche das Leitungswasser beim Ausgießen fließt.
Die Filterkartusche ist üblicherweise ein mit Perlen gefülltes Gewebe. Beispielsweise beschriebt Brita die Filterkartusche wie folgt:
- Ultrafeines Gewebe hält Grobpartikel zurück, die aus alten Leitungen kommen können.
- Leistungsstarke Ionenaustauscher-Perlen verhindern schnelle Verkalkungenthärten das Wasserschützen Ihre Gerätereduzieren Metalle wie Blei & Kupfer, die in alten Leitungen auftreten könnten.
- Aktivkohle-Perlen aus Kokosnussschalenbinden Chlor und andere geruchs- und geschmacksstörende Stoffe liefern reinen, frischen Geschmack.
Exkurs: Herkunft und Qualität des Trinkwassers in Deutschland
Um der Sinnhaftigkeit von Wasserfiltern besser auf den Grund gehen zu können, schauen wir uns zunächst an, was eigentlich aus unseren Wasserhähnen kommt.
Deutschland hat Glück und ist ein sehr wasserreiches Land. Trinkwasser in Deutschland steht in ausreichendem Maß zur Verfügung. In Abhängigkeit von deinem Wohn- bzw. Aufenthaltsort, ist die Herkunft deines Trinkwassers unterschiedlich.
Das Trinkwasser in Deutschland kommt im Wesentlichen aus Grundwasser (ca. 61% unseres Trinkwassers). Zu jeweils gleichen Teilen von 8-12% werden auch Quellwasser, angereichertes Grundwasser (gezielte Versickerung), Oberflächenwasser (See- und Flusswasser) und Uferfiltrat als Rohwasser genutzt.
Je nach Herkunft wird das Rohwasser nach der Gewinnung aufbereitet. Allgemein kann nicht gesagt werden, dass eine Rohwasserquelle besser oder schlechter ist als eine andere. In vielen Städten und Gemeinden kommt das Trinkwasser auch aus mehreren Quellen. In meinem Wohnort Dresden gibt es beispielsweise ein Wasserwerk, welches Oberflächenwasser aus Talsperren aufbereitet und zwei Wasserwerke, die Uferfiltrat als Rohwasserquelle nutzen. Im Uferfiltrat-Wasserwerk in Dresden-Hosterwitz sieht die Aufbereitung beispielsweise wie folgt aus (Quelle DREWAG):
- Aluminiumsulfat zur Flockung, d. h. zur Entfernung von gelösten Stoffen und Trübstoffen
- Schwefelsäure zur Einstellung des Flockungs-pH-Wertes in der Grobaufbereitung
- Natronlauge zur Einstellung des pH-Wertes der Calciumcarbonatsättigung
- Kornaktivkohle zur Entfernung von organischen Spurenstoffen
- Chlor zur Desinfektion
Die Trinkwasserverordnung stellt die Qualität sicher
Die Qualität des Leitungswassers wird letzten Endes aber allen Wasserversorgern einheitlich durch die Trinkwasserverordnung vorgegeben. Diese bestimmt die zu untersuchenden mikrobiologischen und chemischen Parameter sowie die Häufigkeit der Trinkwasserüberwachung. Außerdem werden Grenzwerte für bestimmte Stoffe vorgegeben, beispielsweise Schwermetalle, Coliforme und sehr viele organische Spurenstoffe.
Die Gesundheitsämter überwachen, dass die Grenzwerte eingehalten werden. Auch Stoffe ohne eigene Grenzwerte dürfen nicht in beliebiger Menge enthalten sein. Für sie gibt es den „Gesundheitlichen Orientierungswert“ (GOW).
Das Umweltbundesamt hat unlängst wieder festgestellt, dass das Leitungswasser in Deutschland flächendeckend von sehr guter Qualität ist.
Die Wasserversorger garantieren die Wasserqualität bis zum Hausanschluss. Auf dem Weg aus dem öffentlichen Rohrnetz bis zu deinem Wasserhahn kann die Wasserqualität zum Beispiel durch Legionellen (Stagnation) oder alte Blei-Wasserleitungen beeinträchtigt werden. Hier ist der Schuldige aus meiner Sicht aber eindeutig der Eigentümer oder Installateur, und nicht der Versorger.
Zusammenfassend sehe ich also keinen Grund, weshalb man in Deutschland aufgrund gesundheitlicher Bedenken auf den Genuss von Leitungswasser verzichten sollte. Ich selbst trinke ausschließlich Leitungswasser.
Ist ein Wasserfilter für das Trinkwasser sinnvoll oder notwendig?
Um diese Frage zu beantworten, lohnt sich ein Blick auf die Hauptargumente der Hersteller für einen Wasserfilter. Die nachfolgenden Argumente sind etwas überspitzt zusammengefasst, was ich auf den Internetseiten verschiedener Hersteller gefunden habe.
Unser Leitungswasser ist nicht so gut, wie immer behauptet wird.
Doch. Alle Wasserversorger in Deutschland müssen sich an die Trinkwasserverordnung halten. Das bereitgestellte Trinkwasser unterliegt regelmäßigen strengen Kontrollen durch die Gesundheitsämter und ist von sehr guter Qualität. Auch die derzeitigen Grenzwerte sind aus meiner Sicht völlig ausreichend. Kommt es zu Grenzwertüberschreitungen, wird gegengesteuert. Einen Eklat kann und will sicher heutzutage sicher kein Wasserversorger leisten.
Leitungswasser kann krank machende Keime wie Legionellen enthalten.
Unwahrscheinlich. Legionellenausbrüche kommen immer wieder vor, sind aber oft auf die Hausinstallation oder andere externe Faktoren wie lange Stillstandzeiten zurückzuführen. Unabhängig davon ist es nicht ratsam, Keime eigenmächtig (und auf Verdacht!) mit einem Filter zu entfernen. Falls tatsächlich ein hygienisches Problem mit dem Leitungswasser bestehen sollte, sind Filter nicht sinnvoll. Vielerorts wird einfach zum Abkochen geraten, wenn es zu Verkeimungen im Rohrnetz kommt.
Filter für das Wasser gegen Medikamente und Nitrat
Trinkwasser kann Medikamente enthalten.
Ja, aber. Es stimmt, die Zahl der verwendeten Wirkstoffe hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Das kann zum Beispiel auf die demografische Entwicklung zurückgeführt werden. Gleichzeitig entwickelte sich die Messtechnik für solche Stoffe kontinuierlich weiter. Heutzutage können mittels hochempfindlicher Analysensysteme bereits sehr geringe Mengen nachgewiesen werden können.
Etwa 150 verschiedene Wirkstoffe konnten bislang deutschlandweit in Fließgewässern sowie in Boden- und Grundwasserproben identifiziert werden. Mit 0,1 bis 1 Mikrogramm pro Liter stellen sie allerdings keine Gefährdung für die menschliche Gesundheit dar. Die Messwerte liegen meiste ein Tausendfaches unterhalb der Mengen liegen, die in unserem Körper eine Wirkung entfalten könnten. Außerdem ist die Konzentration im Trinkwasser noch einmal wesentlich geringer.
Trinkwasser kann Nitrat enthalten.
Der Grenzwert laut Trinkwasserverordnung für Nitrat liegt bei 50 Milligramm pro Liter. Grenzwertüberschreitungen von Nitrat im Trinkwasser sind sehr selten. Die meisten Wasserversorger unterschreiten den Nitratgrenzwert deutlich – das Trinkwasser aus dem Wasserwerk Dresden-Coschütz hat beispielsweise etwa 11 Milligramm pro Liter Nitrat. Aktuelle Analysedaten stellt euch sicher euer Wasserversorger kostenfrei auf deren Website zur Verfügung.
Trinkwasserfilter helfen, den Körper zu entschlacken.
Wie bitte? Was sind „Schlacken“? „Schlacken“ gibt es nicht! Also ist auch keine derartige Hilfe möglich. Mit sowas kann ich leider gar nichts anfangen – bitte sendet mir eine wissenschaftliche Grundlage, falls jemand was kennt.
Trinkwasserfilter können Blei herausfiltern, das in vielen Leitungen enthalten ist.
Ja, das können sie. Trotzdem sollten Trinkwasserfilter nicht verwendet werden, um Blei oder andere Schwermetalle herauszufiltern. Außerdem besitzen Häuser, die nach 1973 in Deutschland gebaut wurden, keine Bleirohre. Falls jemand vermutet, noch Bleileitungen im Haus zu haben, sollte er sein Leitungswasser untersuchen lassen.
Wenn man ungefiltertes Wasser trinkt, drohen Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.
Dafür fehlt aus meiner Sicht jegliche wissenschaftliche Grundlage. Wie schon mehrfach geschrieben: Leitungswasser in Deutschland ist von sehr guter Qualität und ein Zusammenhang zu Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist mir nicht bekannt.
Durch ‚Harmonisierung‘, ‚Vitalisierung‘, ‚Levitation‘, ‚Energetisierung‘ oder ‚Transformation‘ kann das Wasser in einen natürlichen oder ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden.
Hokuspokus. Wie soll das gehen? Was ist der „natürliche“ oder „ursprüngliche“ Zustand? Wie soll ein Wasserfilter, der tausendfach in gleicher Konfiguration überall auf der Welt verteilt wird, immer den „natürlichen“ oder „ursprünglichen“ Zustand des Wassers herstellen, wo sich der Käufer befindet? All diese pseudowissenschaftlichen Aussagen können wissenschaftlich nicht belegt werden.
Ist der Einbau eines Wasserfilters Pflicht?
Ja und Nein. In Deutschland bestehen die Technischen Regeln für Trinkwasser-Installationen aus den europäischen Normen DIN EN 806 und DIN EN 1717 und der nationalen Ergänzungsnormen so z. B. die DIN 1988 für Planung, Ausführung und Betrieb.
Nach DIN DIN EN 806 ist der Einbau von Trinkwasserfiltern in Häusern mit metallischen Rohren Pflicht und wird bei Kunststoffrohren empfohlen. Somit sind nicht nur Neubauten und Bestandsgebäude (bei metallischen Rohren) grundsätzlich mit Trinkwasserfiltern auszustatten.
ABER: Wasserfilter am Hausanschluss dienen der Entfernung von feinen Partikeln im Zustrom. Filtersysteme, die direkt am Wasserhahn angeschlossen werden, betrifft dies nicht! Die besonders häufig eingesetzten Aktivkohlefilter werden zur Entfernung von Stoffen eingesetzt, die vom Hauswasserfilter nicht herausgefiltert werden, zum Beispiel Chlor und Chlorverbindungen oder Bakterien und andere Keime.
(Aktivkohle-)filter können gefährlich sein
Filter mit Aktivkohle können einige Stoffe wie Pflanzenbehandlungsmittel oder Medikamente aus dem Leitungswasser filtern. Stoffe wie Blei, Nitrat oder Kalk bleiben im Leitungswasser, da hilft auch Aktivkohle nicht.
Aktivkohle ist ein optimaler Nährboden für Mikroorganismen. Steht das Wasser lange in dem Behälter oder benutzt du den Filter länger nicht, können sich Keime darin vermehren.
Was passiert wenn man den Wasserfilter nicht gewechselt?
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat bei Tests im gefilterten Wasser schon Keimzahlen gemessen, welche die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung „um mehr als das Hundertfache überschritten“.
Über den Zustand des Filters lässt sich von außen nichts sagen. Die Hersteller geben zwar Wechselintervalle vor, aber wer hält sich denn daran? Ist der Filter erschöpft, kann es zu einem „Durchbruch“ kommen. Dann werden die gesammelten Stoffe konzentriert wieder ins Wasser abgegeben.
Auch Stiftung Warentest kam zu einem ernüchternden Ergebnis: Keiner der neun getesteten Tischfilter (zwischen 10 bis 185 Euro) war empfehlenswert. Sie enttäuschten vor allem beider Enthärtung des Leitungswassers – also ihrer eigentlichen Hauptfunktion. Nur kurzzeitig konnten sie das harte Wasser entkalken. Drei Produkte verkeimten bei Benutzung leicht und der teuerste Filter im Test gab deutliche Mengen eines Schadstoffes ab.
Stiftung Warentest kam also zu dem Fazit:
Frisch aus dem Hahn gezapftes Leitungswasser ist nicht nur günstiger als mit einem Tischfilter gefiltertes, sondern zum Teil auch sicherer.
Stiftung Warentest
Filter für das Leitungswasser sind weder erforderlich noch sinnvoll
Zusammenfassend lässt sich über Wasserfilter, egal ob in einer Karaffe oder direkt am Wasserhahn sagen:
- Der Einbau solcher Filter für das Leitungswasser ist keine Pflicht
- grundsätzlich ist die Wasserqualität des Leitungswassers in Deutschland sehr gut, der Einsatz von Tischfiltern oder Filtern am Wasserhahn ist aus hygienischer Sicht nicht notwendig
- im Gegenteil: alle nachgerüsteten Wasserfilter können schnell verkeimen – vor allem die mit Aktivkohle
- die teilweise hochwirksamen Filter entfernen auch lebenswichtige Mineralstoffe aus dem Trinkwasser, was die Wasserqualität eher verschlechtert als verbessert
- pseudwissenschaftliche Schlagwörter wie ‚Harmonisierung‘, ‚Vitalisierung‘, ‚Levitation‘ oder ‚Energetisierung‘ des Wassers haben kein wissenschaftliches Fundament und sind Nonsens
Mein Fazit ist klar: nachgerüstete Wasserfilter am Wasserhahn oder Tischwasserfilter sind Unfug und herausgeschmissenes Geld. Wer in Deutschland an die öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen ist, muss sich aus meiner Sicht keine Gedanken um die Wasserqualität (bis zum Hausanschluss) machen.
Auch die Verbraucherzentrale NRW stellt fest, dass nachgerüstete Wasserfilter im Haushalt eine „meist überflüssige Investition“ sind. Der Nutzen ist fragwürdig, nur das vermeintlich gut Gefühl bei den Verbrauchern bleibt, sagt die Stiftung Warentest.
Falls du dir trotzdem Gedanken um die Qualität deines Trinkwassers machst, kannst du das für etwa 15-30€ bei deinem lokalen Wasserversorger im Trinkwasserlabor testen lassen. Das ist allemal günstiger als so ein Filter.